"Trösten, die vergessene Kunst"

4. Teil: Die „Mutprobe“

Ich wusste nun, was ich zu tun hatte. Wie immer in schwierigen Situationen schickte ich die stille Bitte „nach oben“, mir den richtigen Zeitpunkt für meine Frage zu zeigen und mir die richtigen Worte einzugeben. Als ich nachmittags vom Einkaufen zurück kam, bemerkte ich, dass meine Nachbarin im Vorgarten arbeitet. Mein Gefühl sagte mir, dass der richtige Augenblick gekommen war und ich bat noch einmal in Gedanken um Hilfe.

Was dann kam, war sehr schwer auszuhalten. Es wäre viel leichter zu ertragen gewesen, wenn sie mich in etwas barschem Ton weggeschickt hätte! Ich weiß nicht mehr, wie ich fragte, aber etwas muss wohl in meiner Stimme gewesen sein, das sie anrührte. Denn sie richtet sich auf und suchte nach einem Taschentuch, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen.

„Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten!“ sagte ich wahrheitsgemäß. „Nein, nein, Sie treten mir nicht zu nahe!“, war ihre Antwort. „Ich bin ja froh, dass ich mal darüber reden kann! Können Sie sich vorstellen, dass von meinem ganzen Tennisverein bisher keine Einzige es für nötig gehalten hat, zu fragen? Dabei waren wir doch jede Woche zusammen!“

Ja, es war schwer, das folgende Gespräch auszuhalten! Es war schwer, zuzusehen, wie meine Nachbarin, die mich in der Zwischenzeit ins Haus gebeten hatte, zu weinen begann. Es war schwer, die Geschichte anzuhören, die sie mir da erzählte, und nicht zu wissen, was ich sagen sollte! Man ist so darauf trainiert, alles „in Ordnung zu bringen“, - und dann gibt es großes Leid, wo nichts wieder in Ordnung kommen wird und das man aushalten muss. Hilflosigkeit ist in unserer Gesellschaft nicht vorgesehen!



Fortsetzung folgt!